Am Karfreitag ziehen siebenundvierzig Mysterien in einer Prozession durch Valenzano. Mit Ausnahme des Cristo morto (des toten Christus) und der Addolorata (der Schmerzensmutter), gehören die Mysterien nicht den Bruderschaften oder den Kirchen, so wie in allen anderen Dörfern, sondern Privaten. Die Madonna ist gemeinsam mit Christus die gegenwärtigste Persönlichkeit, im Unterschied zu dem, was in den Evangelien geschieht. Statuengruppen werden individuellen Statuen entgegengestellt, fast ein Aussetzen der Erzählung, ein Moment des Nachdenken und der Ergriffenheit, in dem sich die Spannung und die Bewegtheit der erzählerischen Sequenzen verdichten. Die „Portatori (Träger) sind keine Mitbrüder, sondern Freunde und Verwandte des Eigentümers des Mysteriums. Sie wetteifern nicht darum, es tragen zu dürfen und sie werden nicht einmal bezahlt, sondern sie nehmen nur gemeinsam an einem Dankes-Mittagessen teil. Ihre Zahl schwankt zwischen acht und sechzehn pro Mysterium; in einigen Fällen tragen sie eine Dornenkrone und geißeln sich. Die Mysterien werden von schwarz gekleideten Mädchen begleitet, mindestens vier, die auch die „Quadrata, einen Schleier, der vom Haupt den ganzen Körper hinab fällt, tragen. Einigen gehen Knaben voran, die wie Jesus Christus und kleine Mädchen, die wie die Addolorata gekleidet sind; man kann jedoch auch die Kaiserin Helena erahnen. Im Rahmen der Rollen sind die „Portatori“, die Mädchen und die Kinder immer dieselben. Eine Art Familiarität hat sich zwischen ihnen eingestellt, zwischen dem Eigentümer und den Figuren der dargestellten Erzählung. Die Teilnahme der Bevölkerung ist immens und aufrichtig und vor allem ergriffen. Seit dem Jahr 1675 bis heute ist die Anzahl der Mysterien von Jahr zu Jahr unaufhörlich angestiegen und die Prozession erfuhr niemals Zeiten der Rückstellung und des Vergessens, nicht einmal die sozialökonomischen Veränderungen konnten diese Tradition trüben, die, obwohl sie eine hundertjährige Schichtung bewahrt, jedes Jahr erneuert und bereichert wird. Eine Vitalität, die gemeinsam mit der beachtlichen Anzahl an Darstellungen die Mysterienprozession von Valenzano zu einem neuartigen und ergreifenden Zeugnis des Volksglaubens macht.